oder
Was ich gelernt habe
Zu wissen, was möglich ist. Weil ich es erlebt habe. Die Intensität. Die Vertrautheit. Die Kraft, die freigesetzt werden kann. Die Ideen, die zu wachsen beginnen.
Doch dann holt mich das „echte“ Leben wieder ein. Ich lasse mich vom Trott des Alltäglichen vereinnahmen. Erfülle meine Pflicht. Gehe „meiner“ Wege.
Es gibt sie noch in mir, die Quelle meiner selbst. Ein wenig verschüttet von Sorgen, Ängsten, Plänen. Obwohl es schmerzt, Schutzmauern zu bauen, errichte ich sie. Weil dieser Schmerz geringer ist als jener über den Verlust dessen, was einmal an Stelle der Schutzmauer möglich war.
Doch was ist, wenn ich einfach dankbar bin für das, was einmal möglich war.
Was ist, wenn ich es nicht als Verlust sehe, sondern als wunderschöne Erfahrung.
Was ist, wenn ich darauf vertraue, dass es jederzeit wieder möglich ist.
Was ist, wenn ich eine kurze Nachricht, einen kurzen Anruf zwischendurch als einen vereinzelten Sonnenstrahl erleben kann, der sich seinen Weg durch die Wolken des Alltags gebahnt hat. Womöglich vermag er es nicht, sein volles Strahlen zu entfalten. Doch er hat das Vermögen, ein Lächeln in mein Gesicht zu zaubern, das sich mit einem vertraut innigen Gefühl in mir ausbreitet.
Was ist, wenn ich meine Schutzmauern beginne niederzureißen, weil nur so die Sonnenstrahlen die Chance haben, die Risse der Schmerzen zu heilen und das tiefe Vertrauen zu nähren. Das Vertrauen in eine Freundschaft, die phasenweise wie ein Samen in der Erde ruht. In der Gewissheit, jederzeit wieder wachsen und Früchte tragen zu können, wenn er genährt wird.
Diese Wahl fühlt sich wohlig warm und frei an. Wie ein Lächeln, das sich ausbreitet und Freude mit sich bringt.
Das, habe ich heute gelernt.
Und die Wahl getroffen.
Copyright © 2021 Martina Wolf-Minich
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